Coronavirus – Wird unsere Unternehmenskultur nun digitaler?
Aufgrund der Corona-Krise waren die Unternehmen dazu gezwungen, ihre Arbeitsprozesse zu verändern und vor allem digitaler zu gestalten. Das Weiterarbeiten unter „sicheren“ Arbeitsbedingungen war und ist in vielen Branchen nur mittels Digitalisierung zu bewältigen. Da stellt sich die Frage: Wird der Virus unsere Unternehmenskultur weitergehend nachhaltig verändern?
Homeoffice
Die Krisensituation stellt die Wirtschaft und somit viele Unternehmen vor schwere Herausforderungen – Gleichzeitig bedeutet sie aber eine Chance für mehr Flexibilität sowie Innovation im alltäglichen Workflow. Durch die enorme Ansteckungsgefahr, haben viele Firmen die Möglichkeit (oder sogar Verpflichtung) zum Homeoffice eingeräumt. Obwohl viele Tools das remote Arbeiten ermöglichen und erleichtern, war die Handhabung von Homeoffice-Regelungen in Deutschland bislang eher selten.
In den letzten Wochen wurde eins immer deutlicher: Wenn auch oft mit ersten Anlaufschwierigkeiten mit der Technik, Homeoffice scheint zu funktionieren! Und das sehen so langsam auch die Skeptiker ein. Das heißt nicht, dass wir zukünftig alle nur noch von Zuhause arbeiten sollen und müssen – dennoch bedeutet dies, dass wir in unserer kommenden Unternehmenskultur dazu fähig sind, Meetings digitaler zu gestalten und Entfernungen und Landesgrenzen ohne Reisen zu überwinden und somit sogar die globale Vernetzung zu stärken.
Weitergehend ist das Ermöglichen von Homeoffice nicht nur ein Vorteil für die Stärkung der Standorts-Vernetzung, auch für das Recruiting bietet es allerlei Vorteile. So ist es bei guter technischer Ausstattung auch durchaus möglich, Fachkräfte aus einer anderen Stadt zu beschäftigen. Das die Attraktivität eines Unternehmens maßgeblich von der Flexibilität der Unternehmenskultur profitieren kann, ist längst klar. Wieso nicht diese Chance ergreifen nachdem sie einem Härtetest unterzogen wurde?
Entscheidungskompetenz
Die situative räumliche Trennung der Mitarbeiter kann ebenfalls dazu führen, dass die Entscheidungskompetenz deutlich ausgebaut wird. Fragen, die im Unternehmen mal eben zwischen „Tür und Angel“ gestellt wurden, das schnelle Absegnen von To-Do’s im Flurgespräch mit dem Vorgesetzten und viele weitere solcher Kleinigkeiten, die meist nicht mal eine Mail benötigen, verlangsamen die Arbeit im Homeoffice. Es ist meist nicht möglich, den Vorgesetzten mal eben wegen so einer Kleinigkeit per Videocall zu erreichen. Das hat zur Folge, dass sich die Mitarbeiter unbewusst viel mehr auf Ihr Gespür verlassen und kleine Entscheidungen selber fällen. Es kann gut sein, dass sich diese Kompetenz auch weiter durchsetzen wird und einen deutlich höheren Innovations- und Ideenreichtum fördert.
Produktivität
Studien haben bereits herausgefunden, dass Mitarbeiter im Homeoffice in den meisten Fällen deutlich konzentrierter und produktiver arbeiten können. Auch die Meeting-Effizienz ist deutlich besser. Durch die Videocalls ist eine gute Vorbereitung ein Muss! Ohne genauen Ablaufplan endet die digitale Kommunikation schnell im Chaos. „Sinnlose“ oder uneffektive Meetings aus dem Büroalltag haben hier keinen Platz mehr. Dies bedeutet letztendlich eine effektive Zeitersparnis für „wichtigere“ Dinge. Ebenfalls vorteilhaft für die Produktivität (aber eher nachteilig für das Gemeinschaftsgefühl) des Einzelnen: Kaffeetalks und Flurgespräche fallen weg.
Dienstreisen
Auch das Thema Dienstreise könnte ab sofort neu aufgezogen werden. Denn es stellt sich die Frage, ob es noch nötig ist, wenn jeder Standort/bzw. die Kunden mit den entsprechenden digitalen Tools ausgestattet sind?
Selbstverständlich ersetzt eine Videokonferenz niemals den persönlichen Kontakt und deswegen ist es wahrscheinlich vor allem im Außendienst kaum vorstellbar, darauf zu verzichten. Dennoch ist die Corona-Krise der Beweis dafür, das vieles trotzdem durch Videocalls möglich ist. Eine Hamburger Video-Agentur hat zum Beispiel einen virtuellen Livestream für ihre Kunden eingerichtet, bei dem sie in Echtzeit die Produktion ihres Videos verfolgen können und somit auch direkt Feedback geben können. Das Team eines Mode-Online-Versandhandels wurde kreativ und erstellte einen Werbespot, der aus einzelnen Sportlern beim Homeworkout bestand. Diese drehten ihre Frequenzen selbst und erhielten Anweisungen und Hilfestellungen der Regisseurin via Videocall. Auch eine Berliner Werbeagentur nutze die Technik und veranstaltete eine online „Pitch“-Präsentation, um den Auftrag des Kunden zu erhalten.
Gemeinschaft
Neben den zahlreichen Chancen für die Digitalisierung der Unternehmenskultur, bleibt oftmals vor allem das zwischenmenschliche auf der Strecke. All das, was eine gute Team- und Arbeitsatmosphäre ausmacht, ist nur schwer per Videocall einzufangen. Viele Teams versuchen solche entspannten Treffen auch per Videocall anzufangen, doch so wirklich kommt es nicht an den physischen Austausch heran. Und dennoch haben wir in den letzten Wochen und Monaten dadurch wieder gelernt, die Gemeinschaft mehr wert zu schätzen und begriffen, dass vermeintliche Selbstverständlichkeiten gar nicht selbstverständlich sind. Der Blick, auf das was wir als wichtig erachtet haben, hat sich geändert. Dieser Wertewandel wird uns hoffentlich auch weiterhin noch beschäftigen und uns für ein aufmerksameres Bewusstsein anregen.
Letztendlich ist nicht klar, ob das Coronavirus der ‚pain point‘ für den noch ausstehenden Durchbruch der New-Work-Szenarien darstellt, oder ob sich in den kommenden Monaten alles wieder „normalisiert“. Es kann jedoch auch gut sein, dass die Krise tatsächlich der Startschuss für eine langfristige, digitaler werdende Unternehmenskultur bedeutet.
„Deutschland kann agil, Deutschland kann innovativ. Deutschland kann sogar digital!“ – Ein spannender Kommentar von Joachim Rotzinger (Geschäftsführer von Haufe-Lexware) zum Thema “Aufbruch statt Zusammenbruch“.
Ob sich unsere Unternehmenskultur nun wirklich langfristig digitaler wird, werden wir in der Zukunft erfahren. Jedoch hat die Krise gezeigt, dass es funktionieren kann.