Idealerweise sollte man ein Vollzeit- oder Teilzeit-Studium immer am Stück “durchziehen”. Da das Leben aber bekanntermaßen nicht vorhersehbar ist, hast Du als Studierende/r natürlich die Möglichkeit, ein oder zwei Urlaubssemester zu beantragen. Welchen Status Du dann hast, was Du darfst und was nicht, die Gründe und die Antragsmodalitäten erfährst Du in diesem Blogartikel.
Der Begriff “Urlaubssemester” hört sich erst einmal sehr entspannt an. Das dahinterstehende Konzept soll aber vielmehr Studierenden ermöglichen, auf bestimmte mehr oder weniger unerwartete Situationen reagieren zu können, die eine Unterbrechung ihres Studiums erzwingen oder erfordern. Ein Urlaubssemester ist somit die einzige offizielle und somit legitime Möglichkeit, Deine Studien für üblicherweise ein bis zwei Semester zu unterbrechen.
Mit welcher Begründung kann man ein Urlaubssemester wahrnehmen?
Da die Bildung in der Verantwortung der Bundesländer liegt, gibt es keine einheitliche und in ganz Deutschland anerkannte Liste von offiziellen Gründen, die die Bewilligung eines Urlaubssemesters garantieren. Diese können sogar zusätzlich von Universität zu Universität in ein und demselben Bundesland verschieden sein. Erfahrungsgemäß werden aber die nachfolgenden Punkte aller Wahrscheinlichkeit nach von fast allen Hochschulen akzeptiert. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Um auf Nummer sicherzugehen, solltest Du Dich also bei Deinem zuständigen Studierendensekretariat genau informieren:
- Auslandssemester
- Praktikum im In- oder Ausland
- Freiwilligendienst/Wehrdienst
- Betreuung von Kindern unter 3 Jahren oder von pflegebedürftigen Angehörigen (Oft Nachweis der Pflegestufe erforderlich!)
- Kindererziehung (üblicherweise bis zum 18. Lebensjahr möglich)
- Krankheit
- Schwangerschaft, Mutterschutz, Elternzeit
- Wirtschaftliche Notlage
Trifft einer dieser Gründe für Dich zu, ist es sehr wahrscheinlich, dass Dir von der Hochschulleitung ein Urlaubssemester gewährt wird. Du bleibst dann zwar offiziell immatrikuliert, musst aber auch ein paar Einschränkungen hinnehmen:
Das Urlaussemester bedeutet Konsequenzen:
Deine Immatrikulation bleibt weiter bestehen, Dein Studienplatz ist Dir also sicher. Wenn Du BAföG beantragt hast und erhältst, ruht während Deiner Studienunterbrechung aber auch Dein Anspruch – Du erhältst während des Urlaubsemesters keine finanzielle Unterstützung! Mit einer Ausnahme: Solltest Du während dieser Zeit ein Auslandssemester- oder -jahr absolvieren, das fachlich zu Deiner Studienrichtung passt, kannst Du Auslands-BAföG beantragen.
Weiterhin solltest Du bedenken, dass Du normalerweise an keinen Lehrveranstaltungen mehr teilnehmen darfst. Zudem kannst Du auch nicht als Werkstudent tätig sein. Einige Hochschulen erlauben aber nichtsdestotrotz, in dieser Zeit Wiederholungsklausuren zu schreiben. Du musst Dir übrigens auch keine Sorgen machen, dass Du mit einem oder zwei Urlaubssemestern die Regelstudienzeit überschreitest – Urlaubssemester werden nicht als Fachsemester, sondern nur als Hochschulsemester gezählt.
Wie kann man ein Urlaubssemester beantragen?
Befindest Du Dich in einer der oben aufgeführten Situationen – oder ein anderer triftiger Grund liegt vor, kannst Du für das Folgesemester während der dazugehörigen Rückmeldefrist erst einmal nur ein Urlaubssemester beantragen. Da einige Gründe verständlicherweise nicht vorhersehbar sind, erlauben einige Unis auch die rückwirkende und wesentlich aufwendigere Beantragung im laufenden Semester. Nicht möglich ist aber die Beantragung im ersten Semester – hiermit soll die Blockierung von besonders begehrten Studienplätzen verhindert werden.
Liegen nach Ablauf des Urlaubssemester weiterhin wichtige Gründe für eine Studienunterbrechung vor, kann noch ein zweites Semester pausiert werden. Die Maximaldauer ist auf die Hälfte der Regelstudienzeit begrenzt, danach kann man sich eigentlich nur noch exmatrikulieren. In ganz bestimmten – und ausreichend begründeten – Fällen ist eine weitere Verlängerung möglich.
Gibt es eine Alternative zum Urlaubssemester?
Rechtlich korrekt wäre tatsächlich nur eine Alternative: die Exmatrikulation. Stellst Du einfach Deine Studien ein, ohne Dich offiziell beurlauben zu lassen, erlischt grundsätzlich Dein BAföG-Anspruch. Verfügst Du über ein Stipendium, könntest Du auch mit den jeweiligen Gewährungsregeln in Konflikt geraten. Wenn Dich Deine Eltern finanzieren, würdest Du diese ebenfalls massiv vor den Kopf stoßen. Du könntest Dich wahrscheinlich für eine begrenzte Zeit “durchschummeln” – würdest aber früher oder später “auffliegen”, weil Du die geforderten Leistungen und Prüfungen nicht nachweisen kannst.
Ebenfalls wirkt sich eine Überschreitung der Regelstudienzeit negativ auf Deine BAföG-Förderung aus – diese erlischt nämlich nach Ablauf dieser Zeit. Eventuell drohen Dir auch Langzeitstudiengebühren, wenn Du bei bestimmten Gründen nicht die Möglichkeit eines Urlaubssemesters in Anspruch nimmst. Zudem werden viele Personaler im Vorstellungsgespräch stutzig, wenn Du übermäßig lange für einen Bachelor- oder Master-Abschluss gebraucht hast.
Urlaubssemester hingegen werden üblicherweise als Begründung akzeptiert. Im schlimmsten Fall kannst Du auch mit dem Gesetz in Konflikt geraten, wenn Du staatliche Studienförderungen beziehst, aber überhaupt nicht (mehr) studierst. Rückforderungen oder sogar Bußgelder bei unterlassener Meldung einer Studienunterbrechung können die unangenehme Folge sein. Unsere dringende Empfehlung daher: Spiele mit offenen Karten und sei ehrlich zu Dir selbst, den Behörden und der Hochschule gegenüber. Eine eigeninitiativ durchgeführte Exmatrikulation bedeutet zwar das Ende Deines Studentenstatus, lässt Dich aber rechtlich sauber dastehen. Wenn Du Dich nach einer gewissen Zeit wieder gesammelt hast, kannst Du das Thema “Studium” wieder neu angehen. Es ist keines Falls schlimm, zuzugeben, dass man mit seinem Studium nicht zufrieden ist und lieber etwas anderes versuchen möchten. Sprich am besten erst einmal mit Familie oder Freunden darüber – sie werden Dich in Deinem Vorhaben sicher unterstützen.
Fazit
Gründe für eine temporäre Unterbrechung Deines Studiums gibt es viele – abhängig von der jeweils gültigen Studienordnung ermöglichen Dir aber nur ganz bestimmte Indikationen die erfolgreiche Beantragung eines oder mehrerer Urlaubssemester. Der offizielle – und unserer Ansicht nach einzig mögliche – Weg besteht in der sorgfältigen Recherche der für Dich geltenden Antragsformalitäten, der fristgerechten und gut begründeten Einreichung Deines Antrags und der sinnvollen und wirklich begründungskonformen Nutzung der bewilligten “Auszeit”.
Die einzige Hürde für BAföG-Bezieher: Du musst während des Urlaubssemesters selbst für Deinen Lebensunterhalt aufkommen, es sei denn, Du absolvierst ein Auslandssemester- oder -jahr. Wer als Werkstudent studienbegleitend wertvolle Praxiserfahrungen sammeln möchte, sollte hingegen von einem Urlaubssemesters Abstand nehmen. Aber auch wer sich vom Stoff und vom Tempo des Studiums überfordert fühlt, gewinnt mit einer – dann regelwidrig begründeten – Auszeit nur eine kurze Verschnaufpause, die erfahrungsgemäß die eigentlichen Ursachen nicht beseitigt. Hier sollte man ohne falsche Scham in sich gehen und überlegen, ob eine andere Studienrichtung, ein Teilzeitstudium oder eine Ausbildung vielleicht die sinnvollere und erfolgversprechende Alternative wäre. Für alle anderen – und mehr oder weniger unvorhersehbaren – Gründe stellt ein Urlaubssemester eine bewährte und effektive Möglichkeit dar, auf veränderte Rahmenbedingungen oder Lebensumstände einzugehen, ohne den mühsam ergatterten Studienplatz aufzugeben und wieder bei null beginnen zu müssen. Für weitere Informationen solltest Du Dich an die Studienberatung vor Ort oder direkt an Dein Studierendensekretariat wenden, da sich die einzelnen Hochschulen in Bezug auf die akzeptierten Gründe, die Antragstellung und die Bearbeitungsdauer doch erheblich unterscheiden. Wir wünschen Dir alles Gute bei der Beantragung und ein erfolgreiches Weiterstudieren nach einem oder mehreren Urlaubssemestern!